,

Wolfgang Rihm, Ernst Toch: Konzert in einem Satz – Konzert für Violoncell und Kammerorchester

17,99 

+ Free Shipping
Artikelnummer: NEOS 11038 Kategorien: ,
Veröffentlicht am: August 29, 2011

Infotext:

Cellokonzerte von Wolfgang Rihm und Ernst Toch

Als ich das Angebot erhielt, bei der deutschen Erstaufführung des neuen Cellokonzertes von Wolfgang Rihm den Solopart zu übernehmen, war ich begeistert. Was für eine Ehre, ein frisches Werk fast mit ›aus der Taufe heben‹ zu dürfen, was für eine Herausforderung, den enorm schweren Part einzustudieren – und wie schön, das mit meiner geliebten Deutschen Kammerphilharmonie Bremen machen zu können, und mit Peter Ruzicka einen Dirigenten zu haben, der als wunderbarer Komponist sich ständig in der Welt der Neuen Musik bewegt.

Als eine der ersten ein ganz frisches Stück aufzuführen ist immer sehr aufregend. Man liest die Partitur, versucht sich die Klänge vorzustellen, die Struktur zu erfassen. Und dann türmt sich vor einem der Berg des Soloparts auf: all die Noten, die gelernt und verinnerlicht werden müssen, ohne dass es Vorbilder gibt, denen man etwas abgucken könnte – aber wie herrlich, wenn man nach mühsamer Ausgrabungsarbeit (wie bei den Archäologen) plötzlich das Wesen des Stückes erkennt und spätestens bei der ersten Probe mit Orchester versteht, was das Stück ausdrückt und beschreibt.

Im Falle des Cellokonzertes von Wolfgang Rihm fiel mir zuerst auf, wie schwer zu spielen es ist – und wie im Grunde genommen hoch romantisch, ganz ›cellistisch‹ im Sinne der weitgeschwungenen Linien und der Ausdrucksbandbreite. Wobei Rihm den Cellisten so oft in den höchstmöglichen Lagen spielen lässt (und das soll noch schön klingen!), dass alles übersteigert und manchmal fast hysterisch wirkt.

Auch von der Form her viel Konventionelles, ›Solokonzertmäßiges‹: wilde Kadenzen, ein lustiger Scherzo-Teil, ein nachdenklicher langsamer Teil, ein hochvirtuoser Schlussteil, an den sich ein wirklich wunderschönes, versöhnliches, verklärtes Ende anschließt – bei der ersten Probe das, was mich am meisten berührte, vieles Andere entdeckte ich erst später! Wie ein Abschiednehmen ist es, wenn man diese letzten Takte spielt, so dass es mir immer vorkommt, als wäre im Nachhinein das ganze übersteigerte, übertriebene Werk wie ein letztes Aufbäumen des konventionellen Solokonzertes, das dann im Nichts versinkt.

Die Aufführung in der ›Glocke‹ in Bremen (in Anwesenheit des Komponisten, der auch bei den letzten Proben dabei war, inspirierend und anregend und sehr freundlich) war natürlich eine aufregende Sache – ein voller Saal, alle gespannt, noch keine Erfahrung, wie das Stück sich im Ganzen anfühlt, wie es ankommt und wirkt – und glücklicherweise waren die Leute fasziniert von der Musik. Rihm selbst war so zufrieden, dass er meinte, der Mitschnitt solle doch auf CD erscheinen. So etwas ist natürlich herrlich, wenn nach den vielen, vielen Stunden Arbeit, der Anspannung vor und am Beginn des Konzertes und dem Genuss, weil es ›gut läuft‹ sich dann auch noch ein solches Erfolgserlebnis anschließt. Erstaunlicherweise ließ sich das Vorhaben umsetzen, alle gaben ihre Zustimmung, ein Label wurde gefunden. Nun stellte sich die Frage, was noch auf die CD könnte und ich begann zu grübeln.

Mehrere Faktoren brachten mich auf das eher unbekannte und selten gespielte Cellokonzert von Ernst Toch. Bei Rihm hatte ich schon gemerkt, wie enorm wichtig es war, ein flexibles, kammermusikalisch denkendes Orchester hinter sich zu haben: Die vielen Tempo- und Stimmungswechsel, anspruchsvolle Solopartien in den Orchesterinstrumenten und eine Partitur, in der oft viele Dinge gleichzeitig passieren und deswegen durchsichtig gespielt werden müssen, machten Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen zum idealen Partner.

Für das Toch-Konzert war dieses Orchester ebenfalls prädestiniert: Es ist ein Kammerkonzert mit elf einzeln besetzten Orchesterstimmen, die hochvirtuos und solistisch agieren. Man muss sich gut zuhören, genau wissen, was die Anderen machen und zum Teil (vor allem im letzten Satz) ist das Solocello nur eine von vielen gleichberechtigten Stimmen – meiner Meinung nach mit ein Grund, warum wenige Cellisten das Stück spielen, man kann damit nicht einfach ›einen Blumentopf ernten‹…

Mit seinen vier konventionell gestalteten Sätzen ist das Toch-Konzert auch ähnlich im Ablauf (wobei Rihm die Teile ineinander übergehen lässt, ein ›Konzert in einem Satz‹ schreibt) und geht ebenfalls, vor allem im wunderschönen, traurigen langsamen Satz, an die Grenzen des Ausdrucks. Lange Partien spielt das Cello allein, wie verloren, man muss an die Entstehungszeit des Werkes denken (1925), an die Weltkriege, Abschied von der heilen Welt, Tochs spätere Emigration.
Auch beim Toch-Konzert brauchte ich eine Weile (vor allem in den Ecksätzen) um zu erkennen, worum es emotional geht, die Struktur zu durchschauen, die Noten zum Sprechen zu bringen.

Zum Glück hatte ich in dem dirigierenden Geiger Florian Donderer jemanden an der Seite, der immer wieder daran arbeitete, die Phrasen klar und deutlich zum Leben zu erwecken, verschiedene Farben aus dem Orchester herauszuholen – und nicht zuletzt immer wieder die ganze Gruppe energetisch anzukurbeln. Denn dies war kein Live-Mitschnitt eines Konzertes sondern eine Studioproduktion, wo die größte Gefahr immer darin besteht, dass durch Proben und Korrigieren die große Linie, der Ausdruck und die Wildheit der Musik verloren gehen. Wir bemühten uns, gerade im Hinblick auf die Koppelung mit einer Live-Aufnahme, möglichst immer wieder ganze Takes aufzunehmen, Konzertstimmung herzustellen, extrem intensiv zu spielen – und hatten trotz anstrengender langer Sitzungen viel Spaß und Erfüllung in der Musik.

Nun ist die CD fertig und wird auf die Reise geschickt. Wer wird sich für so ein unbekanntes Repertoire interessieren? Wer hört überhaupt noch klassische Musik und dazu noch solche? Wer hört sie nicht nur nebenbei, beim Abwaschen, Autofahren oder sich unterhaltend, sondern setzt sich wirklich mit einem Glas Wein hin und lauscht, folgt den Intentionen der Komponisten und den Emotionen der Spieler? Wer hört die CD ein zweites oder drittes Mal, um die Stücke besser kennenzulernen, zu verstehen, vielleicht den ersten Eindruck zu korrigieren? Demjenigen Tausend Dank, es wäre ein i-Tüpfelchen auf der Freude, die bereits in der Arbeit an der CD gesteckt hat!

Tanja Tetzlaff

Programm:

Wolfgang Rihm (*1952)

[01] Konzert in einem Satz for violoncello and orchestra (2005/2006) 26:52

Tanja Tetzlaff, violoncello
Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen
Peter Ruzicka, conductor

Live Recording/World Premiere Recording

Ernst Toch (1887–1964)

Konzert für Violoncell und Kammerorchester (1925) 28:17

[02] I 10:38
[03] II 03:32
[04] III 09:39
[05] IV 04:26

Tanja Tetzlaff, violoncello
Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen
Florian Donderer, conductor

total time: 55:11

Pressestimmen:


02/2013

“… 2011 etwa brachte sie bei NEOS eine CD mit Cellokonzerten von Wolfgang Rihm und Ernst Toch heraus …”

(Info über Tanja Tetzlaff)

 


09/2012

 


05/2013

(Spät-)romantizistisch

… Die Ersteinspielung von “Konzert in einem Satz” (2005) mit Tanja Tetzlaff ist ein weiterer bemerkenswerter Vertreter aus der Flut der Rihm-Einspielungen, die zum 60. Geburtstag des Komponisten zu erwarten sein dürfte: Musik wie aus einem anderen Jahrhundert. Oder besser gesagt: ein süffiges Cellokonzert, das manchmal klingt wie eine Hommage an Bergs Violinkonzert. Grandios gespielter Eklektizismus …

Dirk Wieschollek

Musik 
Klang 

 


No. 2/2012

 


20.11.2011

 


11/2011

Artikelnummer

Brand

EAN

Warenkorb

Die Website dient ausschließlich Demonstrationszwecken und ist mit der Neos Music GmbH abgesprochen.

X