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Johannes Brahms – Martin Schlumpf – Matthias Mueller: Clarinet Quintet – The Five Points – In 23 Teilen

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Artikelnummer: NEOS 21305 Kategorien: , ,
Veröffentlicht am: September 30, 2013

Infotext:

BRAHMS – SCHLUMPF – MUELLER

Johannes Brahms: Klarinettenquintett op. 115

Das Spätwerk von Brahms für Klarinette und Streichquartett ist ein Beispiel von vollendeter Kompositionskunst. So zusammenhängend das Werk in seiner Gestalt ist, eröffnet sich bei genauer Betrachtung ein Kosmos von kompositorischen Finessen und kunstvollen Nuancen. Das Werk orientiert sich an einem klassischen Rahmen, den Brahms aber immer wieder erweitert und in Frage stellt.

Im ersten Satz exponiert er vier sehr unterschiedliche Themen. Die Durchführung erscheint dafür eher einfach in den Verarbeitungen – sie manifestiert sich allerdings in einem etwas ruhigeren Tempo, »quasi sostenuto«, und Brahms zieht hier alle Register der Modulationskunst. Die Reprise bildet eine sehr freie Wiederaufnahme der Exposition, die sich am Schluss zu einer Klimax steigert, bis ganz am Ende die melancholische Stimmung des Anfangs wiederkehrt.

Der zweite Satz ist eine A–B–A-Form, wobei sich der B-Teil sehr stark von der ruhigen Dur-Kantilene des A-Teiles abhebt. Der Mittelteil ist eine rhapsodische Kadenz für die Klarinette, in der Brahms seinen Hang zu ungarischer Volksmusik der Klarinette auf den Leib schrieb.

Der dritte Satz beginnt mit einem Anklang an den dritten Satz seiner 1. Sinfonie, in der die Klarinette zu einer nie enden wollenden Melodie ansetzt. Das gemütliche Andantino wird aber bald verlassen und ein von den Streichern eingeleitetes Scherzo konterkariert die Gemütlichkeit mit drängendem Impetus. Das Andantino wird dann nur in den Schlusstakten nochmals kurz gestreift.

Im vierten Satz wählte Brahms eine seiner Lieblingsformen: die Variationen, allerdings ohne sie explizit so zu bezeichnen. Es sind sehr freie Variationen, in denen jedes Instrument von seiner besten Seite gezeigt wird und verschiedenste Charaktere ein farbiges Schlussbouquet dieses vollendeten Werkes bilden.

Diesem Meisterwerk der Kammermusik gerecht werden zu können, stellt höchste Ansprüche an die Interpreten. Es enthält eine solche Fülle an Ausdrucksweisen und Stimmungen, die eine spezifische Ausarbeitung verlangen. Kein Satz kann dafür in einem einheitlichen Tempo gespielt werden. Die Tempoänderungen müssen allerdings so gewählt werden, dass sie organisch wirken.

Als Vorbild dienten dabei die Interpretationen von Wilhelm Furtwängler, der in exemplarischer Weise die Musik Brahms’ zum Leben erweckte. Sowohl die aufbrausende Dramatik, die süßen elegischen Cantilenen, die tänzerische Leichtigkeit sowie die tief empfundene Leidenschaft – um nur eine paar wichtige Eigenschaften aufzuzählen – brachte Furtwängler exemplarisch zur Geltung.

Matthias Müller

Martin Schlumpf: The Five Points

Im 2002 entstandenen Film Gangs of New York beschreibt Martin Scorsese die ständigen Auseinandersetzungen zwischen den Einheimischen und den irischen Einwanderern im New York der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts. Schauplatz der blutigen Kämpfe ist die Gegend im zentralen unteren Manhattan, die »Five Points«. Diese fingerförmigen Straßenkreuzungen bilden einen wahrhaftigen Schmelztiegel der verschiedenen dort sich niederlassenden Kulturen.

In meinem Klarinettenquintett The Five Points geht es nicht mehr um mit Waffen ausgetragene Auseinandersetzungen, sondern um die formale Gestaltung im Spannungsfeld zwischen Kontrast und Analogie der fünf Sätze des Stücks – jeder mit unverwechselbar eigener charakteristischer Prägung – auch hier ein Schmelztiegel verschiedenartiger musikalischer Gestalten. Das Ganze ist vorstellbar als Promenade zwischen den fünf Ecken der »Five Points«, wo die verschiedenen Gangs ihre Standorte hatten.

Die Längen der einzelnen Sätze habe ich nach der von Leonardo Fibonacci 1202 eingeführten Fibonacci-Reihe strukturiert, bei der sich jede folgende Zahl durch Addition ihrer beiden vorherigen Zahlen ergibt. Dabei gliedern sich die Sätze so, dass vom ersten kürzesten Satz aus (55 Sekunden) die Dauern kontinuierlich zunehmen, mit Ausnahme des längsten Satzes (377 Sekunden), der an vierter statt an letzter Stelle steht. Durch die Freiheiten, die ich mir bei der Umsetzung dieses Schemas genommen habe, wird man sozusagen aus dem Idealreich der Zahlen in die profanere Realität (den Boden der »Five Points«) zurückgebracht.

Zudem werden geneigte Ohren an wenigen Stellen der letzten drei Sätze versteckte Anklänge an die Musik des Klarinettenquintetts op. 115 von Johannes Brahms von 1891 hören können. Es war mir ein Vergnügen, meine Musiksprache hie und da so »umzubiegen«, dass als Hommage an den großen Komponisten die Brahms-Allusionen (nie wird wörtlich zitiert) organisch einfließen und wieder aufgelöst werden.

Schließlich habe ich nach der Geburt meines ersten Enkels Basil im August 2012 an der Stelle, wo ich gerade schrieb (im dritten Satz), eine »glückliche« Stelle eingebaut, die auf dem Melodiefragment B–A–Es beruht.

Martin Schlumpf

Matthias Müller: In 23 Teilen

Was ist heute neu? Diese Frage hat in der Musik nichts an Aktualität eingebüßt. Die Musik der Zwölftöner wird, obwohl bereits 100 Jahre alt, immer noch als modern empfunden, und auch die Avantgarde – damit meine ich die akzeleriert aufbrechenden Tendenzen nach dem 2. Weltkrieg – hat auch schon angefangen graue Haare zu bekommen. Sogenannt experimentell zu komponieren – mit vorwiegenden Dissonanzen, Geräuschklängen, freien Formen und dem fast gänzlichen Verzicht auf einen vorherrschenden Puls – können heute nicht mehr als erfinderisch und neu gelten. Das Credo der Moderne »il faut être absolument moderne« ist in Frage gestellt. Ich bin nicht auf der Suche nach Neuheit, sondern nach persönlicher Charakteristik und Originalität in doppeltem Sinne.

In meinen instrumentalen Kompositionen – im Gegensatz zu meiner Arbeit mit der Elektronik – orientiere ich mich an der Vorgängergeneration aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert und der Jahrhundertwende. Dabei spielt sowohl die kompositorische Strenge und Ausdruckskraft eines Brahms eine Rolle, wie auch die Klangkomposition eines Debussy oder die Freiheit der freien atonalen Phase vor der Zwölftonmusik. Ich bevorzuge deshalb deutlich hörbare Formen mit einem Puls als Basis von rhythmischen Strukturen und eine Klangwelt, die das Spektrum von weichen Konsonanzen bis zu scharfen Dissonanzen abdeckt.

In meinem Streichquartett In 23 Teilen stand die formale Konzeption am Anfang des kompositorischen Prozesses. Seit meinen ersten Kompositionen interessieren mich komplexe Strukturen von Ordnungssystemen. Die in der Systemtheorie beschriebenen Organisationsmuster spielen dabei immer wieder eine Rolle.

Zwei Gesichtspunkte stehen dabei im Vordergrund: 1. die Hierarchie von Ordnungssystemen und 2. die gegenseitige Durchdringung und Vernetzung der einzelnen Teile. Die Komposition eines Streichquartetts bietet hier ein ideales Arbeitsfeld. In keiner Formation kann die Durchdringung der musikalischen Parameter so gut vollzogen werden.

Das Streichquartett In 23 Teilen besteht aus einem Satz und wird durch Generalpausen unterschiedlicher Länge in 23 Teile unterteilt. Diese wiederum sind in vier Haupteile zusammengefasst: Exposition – Durchführung – Reprise – Conclusio.

Das Stück entstand in Anlehnung an Alban Berg, dessen Musik ich bewundere, und die trotz kompositorischer Strenge immer von seiner großen Ausdruckskraft lebt. Die Zahl 23 war eine Schicksalszahl des früh verstorbenen Wiener Meisters.

Matthias Müller

Programm:

Johannes Brahms (1833–1897)

Clarinet Quintet in B Minor, Op. 115 (1891) 34:58
[01] Allegro 11:39
[02] Adagio 10:29
[03] Andantino 04:19
[04] Con moto 07:41

Martin Schlumpf (*1947)

The Five Points for clarinet and string quartet (2012) 19:17
[05] I 01:16
[06] II 02:06
[07] III 03:33
[08] IV 06:52
[09] V 05:29
World Premiere Recording

Matthias Mueller (*1966)

In 23 Teilen for string quartet (2012) 20:28
[10] Exposition 08:07
[11] Durchführung 03:52
[12] Reprise 02:37
[13] Conclusio 05:51
World Premiere Recording

total time 74:10

Matthias Mueller clarinet
Galatea Quartet
Yuka Tsuboi, violin
Sarah Kilchenmann, violin
David Schneebeli, viola
Julien Kilchenmann, Cello

Pressestimmen:


09/10 2014

 

 

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