Georg Friedrich Haas, Beat Furrer, Manuel Hidalgo, Helmut Oehring, Markus Hechtle: Aleph Gitarrenquartett

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Artikelnummer: NEOS 11208 Kategorie:
Veröffentlicht am: April 10, 2012

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Saitenwechsel – Musik für das Aleph Gitarrenquartett

Beginnen wir mit Bildern: In Edgar Reitz’ Filmepos Die zweite Heimat (1992) reist der (fiktive) angehende Jungkomponist Hermann Simon aus dem Hunsrück nach München zum Studium an der Musikhochschule. Ein Musikinstrument begleitet ihn. Ganz im Sinne von Reitz’ romantischem Bild vom Künstler handelt es sich um eine Gitarre. Es verbreitet sich eine spezifische Musikatmosphäre, die die Gitarre als Instrument der melancholischen Künstlereinsamkeit versteht: Hermann Hesse- und Georg Trakl-Vertonungen liegen in der Luft. Diesem Klischeebild hat die Musik der jungen Generation nach 1945 durchaus widersprochen. Gerade Pierre Boulez hat die Gitarre in Le Marteau sans maître (1955) oder auch in seinem großen Mallarmé-Zyklus Pli selon pli (1957/62) geliebt. Aber sie umwehte auch dort der Geist exotischer Südländigkeit. Als Instrument des Virtuosenstreichs setzte es dann rund zwanzig Jahre später Hans Werner Henze in den Shakespeare-Illuminationen der Royal Winter Music (1976/79) ein. Und Helmut Lachenmann arbeitet unterbewusste Klangrealien seiner »musique concrète instrumentale« im Gitarrenduo Salut für Caudwell (1977) heraus. Auch die avancierten Haltungen von Boulez oder Lachenmann sollen nicht darüber hinwegtäuschen: Die Gitarre bleibt auch bei ihnen ein Instrument des Einsamen, ein Stimmbegleiter par excellence. Vervielfacht er sich, kommt rasch das Klischee des feurig-rassigen Flamencos auf.

Gegen die Bilder vom Klischee geht das Aleph Gitarrenquartett seit seiner Gründung im Jahr 1993 an und vergibt an Komponisten Aufträge, für diese scheinbar ungewöhnliche Besetzung Stücke zu schreiben. Das Scheinhafte des Ungewöhnlichen muss betont werden, denn eigentlich erweist sich ein Gitarrenquartett als konsequent. Schließlich haben die Gitarren mit der Königsgattung der Kammermusik, dem Streichquartett, einiges gemeinsam. In beiden Fällen handelt es sich um Saiteninstrumente mit ähnlichem Korpus und umfassendem Tonraum. Die Spielarten sind zwar unterschiedlich, laufen aber auf zwei Charakteristika hinaus: dort wird gestrichen, hier gezupft. Die Spielweisen lassen sich nahezu unbegrenzt dem Personalstil von Komponisten angleichen, beziehungsweise fordern Komponisten heraus, dem Einklang der vier Individualisten das höchst Eigene einzuschreiben. Die Auftragswerke, die das Aleph Gitarrenquartett von den hier versammelten Komponisten Manuel Hidalgo, Beat Furrer, Helmut Oehring, Markus Hechtle und Georg Friedrich Haas erhalten hat, zeugen nicht nur von der Neubestimmung des Gitarrenklangs, dem Herausschälen besonders spezifischer und oft raffinierter Spielweisen, sondern auch von der höchst individuellen Klangsprache unterschiedlichster Texturen, die sich in den Händen der vier Interpreten entfalten.

An einen traditionellen Gitarrenklang knüpft dabei am ehesten Manuel Hidalgo mit seinem (Kampftanz) (2000) an. Das ist einerseits erstaunlich, wenn man bedenkt dass Hidalgo als Schüler Helmut Lachenmanns an den Klangwandlungen von dessen »musique concrète instrumentale« geschult ist. Andererseits bleibt Manuel Hidalgo auch mit dem (Kampftanz) wie in einigen seiner anderen Werke der Musiktradition seiner spanischen Heimat verbunden. Rhythmisches und Tremoliertes herrschen hier vor. Insbesondere das Tremolieren erweckt eine Assoziation an die sogenannte Rasgueado-Spielweise, die für die virtuos raschen Tonwiederholungen der Flamenco-Musik typisch ist. Gelegentlich haben die vier Gitarristen Handschläge auf den Korpus des Instruments zu setzen. Und hier wird die Sache doppelbödig: denn derartige klopfende Schlagtechnik findet sich im Werk Helmut Lachenmanns zuhauf – aber sie ist eben auch nicht untypisch für die spanische Flamenco-Musik. Das »à la espagne« in Hidalgos (Kampftanz) ist eine höchst ambivalente Angelegenheit: Es nutzt Spieltechniken der Neuen Musik, die schließlich das Spanische zur Fata Morgana werden lassen.

Noch weniger darf man sich von Beat Furrers fragmentos de un libro futuro (2007) in die Irre führen lassen. Dem Stück für Sopran und Gitarrenquartett liegt zwar ein Gedicht des spanischen Dichters José Ángel Valente zugrunde, aber Furrer interessiert sich hier wesentlicher für die Klangbilder der spanischen Sprache. Nur oberflächlich geht es hier um Liedhaftes mit Gitarrenbegleitung. Vielmehr verschmelzen hier die Klangebenen von Stimme und Instrumenten zu einer Ebene. Die Sängerin tupft die Vokale genauso wie die Gitarristen ihre klirrenden Pizzicati abliefern. Die poetischen Bilder, wie zum Beispiel von fallenden Blättern, überlässt Furrer ohnehin ganz den vier Instrumentalisten. Schon nach den ersten zehn Takten heißt die Spielanweisung für die Gitarristen »sprechend«. Und genau darin folgt Furrers fragmentos de un libro futuro der Übertragung seiner eigenen kompositorischen Ästhetik auf die spezifische Besetzung: nämlich den Instrumenten Stimmliches und Sprachliches einzuhauchen. Der Textsinn ist dabei am wenigsten gemeint – das Lied als sprachbildlicher Erguss fällt hier vollständig aus. Und dennoch ist alles sprechend.

Eindeutig bildhaft ist schließlich Helmut Oehring mit seinem Quartett Mich.Stille. aus dem Jahr 2000. Oehring hatte von jeher ein besonderes Faible für eine filmische Musik ohne Film. Bildsprachliche Gesten herrschen in seiner Musik vielleicht auch deshalb vor, weil er als Kind taubstummer Eltern aufgewachsen ist. In Mich.Stille. entfaltet sich eine Art von abgründigem Verfolgungsfilm. Schon der Untertitel, der auf eine Reihe Cruising/Opfer verweist, hat dem Horrorfilm einiges zu verdanken. Die Zuspielung, die Oehring hier einsetzt, besteht aus einer atemlos keuchenden Frauenstimme, deren Klang an Eindeutigkeit wenig zu wünschen übrig lässt. Den Höhepunkt des Stücks bildet eine filmmusikartige Verfolgungssequenz wie aus dem Geräuschstudio, bei der mit über die rechte Hand gezogenen feinen Plastiktüten gespielt wird. Am Ende der Sequenz werden die Plastiktüten geräuschhaft abgezogen und leiten den dramatischen Höhepunkt einer rasanten Engführung ein. Was sonst »Fuge« heißt, ist hier nicht konstruktiv, sondern bildhaft gemeint: Denn »Fuga« heißt auch »Flucht«. Warum das Stück nicht »Drohende Gefahr – Angst – Katastrophe« heißt, steht auf einem anderen Blatt. Eine Begleitmusik für eine Lichtspielszene ohne Film ist es allemal.

Markus Hechtles Stück Linie mit Schraffur (2006) für vier Gitarren und Klarinette ist ein suggestives, aber auch fast minimalistisches Stück. Der Titel Linie mit Schraffur mag zunächst nach poetischer Umschreibung klingen, benennt aber exakt das Verfahren des Stücks, wenngleich auch hier wieder die Sphäre des Bildhaften berührt wird. Die durchgängig ablaufende tremolierte Klangfläche der vier Gitarren ist die Schraffur. Und das schon als Spielgeste: das ist wie meditierendes Schraffieren mit dem Stift. Die Gitarristen nutzen zusätzlich das Rasgueado – nur dass hier kaum eine Assoziation ans Spanische in Erscheinung tritt. Diese Klangfläche bildet sozusagen eine Art Grundierung, auf der sich die Linienführung der Klarinette mit ihren schroffen Abstürzen und langgezogen Linienführungen entfaltet. In der Tat ist Linie mit Schraffur ein geradezu malerisches Stück: es ist farbig und färbend und zugleich minimalistisch wie ein Stück Minimal Art.

Das Quartett von Georg Friedrich Haas aus dem Jahr 2007 ist vielleicht das eigensinnigste Werk dieser Repertoire-Auswahl des Aleph Gitarrenquartetts. Es entfaltet in beeindruckender Konsequenz das für den Komponisten Georg Friedrich Haas so typische Komponieren mit Obertonakkorden und Obertonreihen. Dabei nutzt er mikrotonale Stimmungssysteme, die auf den russischen Komponisten Ivan Wyschnegradsky zurückgehen. Das Gitarrenquartett stellt in diesem Kontext betrachtet ein veritables Verbindungsglied zwischen seinen beiden Orchesterstücken Natures mortes (2003) und limited approximations (2010) dar. Von ersterem übernimmt das Stück dichte Obertonakkorde und ein »Singen«, wie Haas selbst schreibt, in Obertonmelodien und Klangwanderungen durch den Raum von einem Instrument zum anderen. Auf das spätere Orchesterstück verweist ein Saitenklang, der in limited approximations für sechs mikrotonal gestimmte Klaviere vorgesehen ist, deren innerer Korpus hier mit den mikrotonal gestimmten Gitarren sozusagen nach außen getragen wird. Schließlich verbindet alle drei Werke ein geradezu halluzinatorisch überwältigender Effekt: Nach einer gewissen, raschen Zeit vergisst man auch bei diesem Quartett, dass es sich um Gitarren, dass es sich überhaupt um Instrumente handelt, die in irgendeiner Form von Konvention überhaupt bekannt sein könnten.

Bernd Künzig

 

Georg Friedrich Haas – Quartett für 4 Gitarren

Schon in meinen früheren Stücken habe ich die Saiten der Instrumente in der Absicht umstimmen lassen, dass durch das Spielen mit den leeren Saiten alleine bereits ein Obertonakkord entstehen kann. Bei der Gitarre geht dies relativ einfach: Man muss nur die tiefste Saite einen Ganzton nach unten stimmen, die 3. Saite etwas mehr als einen Halbton tiefer und die zweite Saite etwas weniger als einen Halbton höher. Wenn dann auch alle Quarten und Quinten rein und exakt gestimmt werden, entsteht mit den sechs leeren Saiten ein Akkord aus dem 2., 3., 4., 5., 7. und 9. Teilton des Kontra-D:
D–A–d–fis (minus 1/12-Ton), c’ (minus 1/12-Ton), e’.

Anders als z. B. bei der Violine ist es dank der Bünde möglich, trotz der ungewohnten Stimmung relativ sicher zu intonieren. Aus ästhetischen Gründen verlangt die Reinheit des Klanges der leeren Saiten nach einer Trübung: Daher ist die 2. Gitarre einen Zwölftel-ton tiefer gestimmt als die erste, die 3. Gitarre zwei Zwölfteltöne (= ein Sechstelton) tiefer, die 4. Gitarre drei Zwölfteltöne (= ein Viertelton) tiefer.

Die Musik lebt vom Kontrast zwischen diesen von der Obertonreihe abgeleiteten »reinen« Akkorden (einschließlich deren zwölfteltönigen bzw. vielfach zwölfteltönigen »Schatten«) und im freien mikrotonalen Raum komponierten sechstel- bzw. vierteltönigen Passagen, die harmonische Konzepte von Ivan Wyschnegradsky aufgreifen.

Dazwischen schiebt sich immer wieder ein »Singen« in zwölfteltönigen Clustern. Dieses Zusammenklingen von sehr eng beieinander liegenden Tonhöhen ist zwar nicht mehr ein Einklang, aber auch noch nicht als Akkord, sondern bildet einen schwebungs-reichen Klang, der in der Komposition wie ein expressives Unisono eingesetzt wird.

Das Quartett für 4 Gitarren entstand auf Anregung von Christian Scheib für das Aleph Gitarrenquartett und das Musikprotokoll 2007.

Georg Friedrich Haas

Programm:

Georg Friedrich Haas (*1953)
[01] Quartet for 4 guitars (2007) 13:54

Beat Furrer (*1954)
[02] fragmentos de un libro futuro for soprano and guitar quartet (2007) 08:56

Manuel Hidalgo (*1956)
[03] (Kampftanz) for guitar quartet (2000) 06:29

Helmut Oehring (*1961)
[04] Mich.Stille. for guitar quartet and pre-recorded performance CD (2000) 10:57

Markus Hechtle (*1967)
[05] Linie mit Schraffur for guitar quartet and clarinet (2006) 10:53

total time: 51:51

Aleph Gitarrenquartett
Andrés Hernández Alba, guitar/acoustic bass guitar [03/04/05]
José Javier Navarro Lucas, guitar
Wolfgang Sehringer, guitar/terz guitar [03/04]
Tillmann Reinbeck, guitar

Petra Hoffmann, soprano [02]
Ernesto Molinari, clarinet [05]

Pressestimmen:

Classical Guitar
03.2014

 


14.04.2013

EIN BUNTER STRAUSS
Rainer Aschemeier

Die Gitarre ist ein besonderes Instrument. Angeblich gibt es kein anderes Saiteninstrument, dessen Ton so schnell erklingt, nachdem der Instrumentalist die Saite angezupft hat. Die Gitarre reagiert also äußerst sensibel: Der Ton entsteht im Bruchteil von Millisekunden, und wer eine ausgeklügelte Dynamik erreichen will, darf nicht einmal daran denken, dass er das mit „nur“ guter Spieltechnik hinbekommt. Das Volksinstrument Gitarre ist also im Kern eines der am schwersten beherrschbaren Musikinstrumente – zumindest wenn man Kunstmusikansprüche als Maßstab ansetzt und sich nicht mit dem Geschrammel von Beatles-Songs am Lagerfeuer zufrieden gibt.
Besonders Gitarrenensembles können ein Lied singen von den Schwierigkeiten, die das Instrument mit sich bringt. Umso beeindruckender ist die Leistung, die das süddeutsche Aleph Gitarrenquartett auf seiner CD auf dem Label NEOS vollbringt. Mit höchster Präzision und technischer Meisterschaft gehen die vier Herren hier daran, eine ziemlich bunt gemischte Palette Neuer Musik zu offerieren.

Die dargebotenen Stücke sind, so weit ich das dem Booklet entnehmen kann, samt und sonders als Auftragskompositionen für das Aleph Gitarrenquartett entstanden. Dass sich hierbei so namhafte Komponisten wie Beat Furrer und Georg Friedrich Haas gewinnen ließen, spricht allein schon für das Ensemble.
Weitere Komponisten, die mit ihren Werken auf dieser schönen CD vertreten sind, sind Manuel Hidalgo, Helmut Oehring und Markus Hechtle.

Zwar weiß ich es nicht genau, aber es hat ganz den Anschein, als hätte das Aleph Gitarrenquartett den beteiligten Komponisten ganz gezielt „Aufgaben“ verteilt. So konzentriert sich etwa Georg Friedrich Haas darauf, per „Echtzeit-Verstimmung“ der Gitarre, also durch das während des Spielens zu vollziehende Betätigen der Stimmschrauben des Instruments, seine besonderen Effekte zu erzielen. Beat Furrer lässt das Gitarrenquartett mit einer Sopranistin (auf dieser CD sehr souverän: Petra Hoffmann) interagieren. Manuel Hidalgo knüpft offenbar gezielt an die klassisch-spanische Gitarrentradition an, Helmut Oehring hat als besonderes Augenmerk die Miteinbeziehung von elektronischer Zuspieltechnik im Gepäck, und Markus Hechtle lässt das Gitarrenquartett mit einem merkwürdigen, schätzungsweise (ich bin kein Gitarrist) vor allem durch Flageoletts herbeigeführten ständigen Klangteppich eine Altklarinette (gespielt von Ernesto Molinari) begleiten – was ein wenig so klingt, wie eine 21. Jahrhundert-Version von Charles Ives‘ „The Unanswered Question“.

Kurz und gut: Diese CD setzt eher auf „Rundumschlag“ als auf Einheitlichkeit. Und das ist ganz okay so: Über die gesamte Spielzeit von mehr als 50 Minuten bleibt das Programm spannend und abwechslungsreich. Stets und ständig gibt es Neues zu entdecken. Natürlich führt das auch dazu, dass man als Hörer subjektiv „Favoriten“ ebenso entdeckt, wie manches, was man vielleicht weniger toll finden wird.
Wie dem auch sei: Das Aleph Gitarrenquartett macht seine Sache fantastisch und ist in Sachen der Vortragskunst über jeden Zweifel erhaben. Der von Tontechnikern des SWR angelegte Aufnahmeklang ist vorbildlich transparent und natürlich.

Fazit: Wieder einmal eine tolle neue CD vom sehr entdeckenswerten Münchner NEOS-Label. So macht Neue Musik Spaß und kann auch breitere Publikumsschichten erreichen – so ist jedenfalls zu hoffen!

http://www.incoda.de/listener/reviews/510/haas-furrer-hidalgo-oehring-hechtle

 


05/2013

 


Nr. 119/2012

Georg Friedrich Haas ist ein grossartiger Komponist. Eindrücklich unter Beweis gestellt hat er es nicht nur mit seinen 2010 in Donaueschingen uraufgeführten limited approximations. Anschauungsmaterial für seine hohe Kunst im Umgang mit Mikrotönen und des organischen Auf- und Abschwellens gibt es aber schon vorher, etwa in seinem 2007 entstandenen Quartett für vier Gitarren. Der nüchterne Titel ist Programm. Sehr rein, ja fast aseptisch klingt das 14-minütige Werk. Oft lässt Haas auf leeren Saiten spielen, die den «schnellen Tod» von Gitarrentönen sterben. Natürlich sind die Saiten umgestimmt, Quarten und Quinten rein intoniert. Laut Haas verlange dies «aus ästhetischen Gründen nach einer Trübung». Sie entsteht in Form von kleinen, zwölfteltönigen Umstimmungen der zweiten und dritten Gitarre.

Haas’ frappierend sichere Handhabe der Gitarren mitsamt ihrer diversen Spieltechniken ist spektakulär. Aber auch die anderen Komponisten auf dieser CD, Beat Furrer, Manuel Hidalgo, Helmut Oehring und Markus Hechtle, nähern sich dem Instrument mit Phantasie. An Leo Brouwer, jenen kubanischen Maestro, der das Klischee des «auch komponierenden Gitarristen» glücklicherweise nicht in der Art eines Mauro Giuliani oder Fernando Sor verkörpert, erinnert Hidalgos im Jahr 2000 entstandenes Stück (Kampftanz) für Gitarrenquartett. Perkussiv, gesättigt mit Schlägen auf den Gitarrenkorpus, Rasgueados und Bartók-Pizzicati ist das komprimierte Werk angelegt. Erreicht (Kampftanz) nicht die Kunsthöhe des Haas’schen Quartetts, so besticht es doch durch südamerikanische Vitalität ohne billige Melancholie.

Spass macht die gesamte CD des 1993 gegründeten Aleph Gitarrenquartetts. Dies ist den Komponisten zu verdanken – einzig Beat Furrers fragmentos de un libro futuro fällt durch seinen verkrampft bemühten Gestus etwas ab –, aber auch die grandiose Produktionsleistung des SWR trägt ihren Teil dazu bei. Ungeheuer räumlich klingen die Einspielungen. Deutlich sind die Instrumente zu lokalisieren, mit sicherem Mass wurden sie mikrophoniert. An keiner Stelle verflüchtigt sich der Klang, an keiner Stelle klingt es zu aufdringlich oder zu trockenanalytisch. Zum insgesamt positiven Eindruck trägt das Quartett wesentlich bei. Zur guten Kompilation verschiedener Stücke gesellen sich eine stupende Musikalität und überzeugende Annäherungen an jedes der fünf Werke. Aleph agiert weitestgehend selbstständig; durch Hilfe der Pro Helvetia oder der Ernst von Siemens Musikstiftung kann das Quartett eigene Kompositionsaufträge vergeben. Ein «Prosit» auf diese CD: mögen noch viele Werke entstehen für diese hoch interessante Besetzung und diese grossartigen und phantasievollen Musiker!

Torsten Möller

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