Bruno Maderna: Complete Works for Orchestra Vol. 5

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Artikelnummer: NEOS 10937 Kategorie:
Veröffentlicht am: Juli 31, 2013

Infotext:

ORCHESTERWERKE – VOL. 5

Bruno Maderna komponierte das Konzert für Klavier und Orchester zwischen 1958 und 1959. Im September 1959 wurde es im Rahmen der Ferienkurse für Neue Musik in Darmstadt uraufgeführt, wo Maderna das Sinfonieorchester des Hessischen Rundfunks selbst dirigierte. Den Solopart übernahm der amerikanische Pianist David Tudor – ihm wurde das Werk auch gewidmet. Bereits Madernas Frühwerk enthält ein Klavierkonzert, das Konzert für Klavier und Orchester von 1942. Jenes aus dem Jahre 1959 bildet allerdings den Kern einer intensiven Schaffensperiode, in welcher der venezianische Komponist zentrale Punkte seiner musikalischen Poetik entwickelt. Der wohl wichtigste bezieht sich auf die Dialektik zwischen der Organisation der Parameter (vom Serialismus geprägt) und dem Zugeständnis an spezifische Formen der Unbestimmbarkeit sowie an die Öffnung des Kunstwerkes. Im Konzert für Klavier und Orchester sagt Maderna jeglichem Lyrismus ab, indem er den Flügel ausreizt und als Perkussionsinstrument einsetzt – er notiert die Flügel-Perkussionen sogar als eigene Stimme in der Partitur. Perkussive Cembalo-Effekte erzielt er sowohl durch einzelne Noten, als auch durch kurze, akzentuierte Klangtrauben. Madernas erweiterter Zugang zu dem Instrument orientiert sich in bestimmter Hinsicht an John Cage. Auch Madernas Flügel wird verschiedenartigen Belastungen unterzogen: vom Trommeln auf dem Gehäuse bis zum Zupfen der Saiten; von den mit Händen, Unterarmen oder mit einem Trommelstock gespielten Glissandi und Clustern bis zum gewaltsamen Zuklappen des Deckels. Mit diesen Eingriffen kreiert der Interpret zwar eine nicht festgelegte Ebene theatraler Gesten, doch die eigentliche Partitur ist streng organisiert und bis in die letzte Komponente determiniert.

Das relativ kurze Stück besteht aus zwei übergeordneten Sektionen, welche jeweils dreigeteilt sind und sich gespiegelt gegenüberstehen. Jede Sektion setzt sich aus einem Hauptteil und einer Solokadenz zusammen und ist von einer Einleitung (in der ersten Sektion) beziehungsweise einer Coda (in der zweiten Sektion) umrahmt. Strukturell betrachtet sind sie symmetrisch, das musikalische Profil weist jedoch einen deutlichen Gegensatz zwischen den beiden Sektionen auf. So ist die erste von einer herben und spröden Klanglichkeit geprägt, und ihr musikalischer Verlauf ist angespannt und zerklüftet; das Klavier nimmt das dichte Orchestergewebe aus idiophonen Rhythmus- und Tasteninstrumenten (Marimba, Vibraphon, Xylophon, Celesta, Glockenspiel) in sich auf – nur die starren Klangsäulen aus Streichern und Bläsern vermögen dem nervösen Dazwischentreten entgegenzuhalten. Die zweite Sektion, eher intimen und elegischen Charakters, wird von einer Kadenz aus autonomen und voneinander getrennten Fragmenten eingeleitet. Maderna definiert sie als »Monaden« und überlässt die Entscheidung über deren Anordnung dem Interpreten: die Klangsäulen aus Streichern und Bläsern – sie waren schon in der ersten Sektion präsent, litten aber unter den Interventionen – entfalten sich nun im Vordergrund, bis sie die gesamte Klanglandschaft mitsamt dem Klavier dominieren. Sie stehen nun nicht mehr im Kontrast zur Orchestermasse sondern sind in deren Klanghorizont eingebettet. Nach einer zweiten Kadenz (diesmal vom Komponisten komplett notiert) mündet das Klavierkonzert in eine Art Coda, in der weit entfernte Echos das zuvor Erklungene nachhallen lassen. Mit vereinzelten Tönen kommentiert das Klavier die in pp notierten Orchesterklänge und gestattet, dass sich das zunehmend weitmaschig gestaltete Klanggewebe langsam auflösen kann.

Zehn Jahre voller menschlicher und künstlerischer Erfahrungen trennen das Klavierkonzert vom Konzert für Violine und Orchester, das im September 1969 beim Festival di Musica Contemporanea in Venedig uraufgeführt wurde (Dirigent war abermals Maderna, die Solovioline spielte Theo Olof). In diesem neuen Werk lassen sich viele Elemente erkennen, die Madernas reifen Stil charakterisieren. In primis ist das Violinkonzert von seinen Kompositionen für Magnettonband beeinflusst, denn sie zeichnen sich durch die Verwendung von präexistentem Material und aleatorischen Techniken aus. Wenn Maderna mit Magnettonband arbeitet, nimmt er zunächst auf, schneidet das Klangmaterial und ordnet dann die Fragmente neu an. Im Violinkonzert arbeitet er nach demselben Prinzip, nur dass er hier das »Tonband« seiner eigenen künstlerischen Biografie umgestaltet: das Klanggewebe ist durchdrungen von verschiedenen, zuvor komponierten Werken, von Fragmenten seiner Orchesterstücke der zweiten Hälfte der Sechziger Jahre (u. a. AmandaStele per Diotima und Entropia III) bis zu Widmung, einem Stück für Solovioline, das vollständig in die zweite Kadenz des Solisten eingeflochten ist. Von der Montagetechnik elektronischer Kompositionen lässt sich auch die Vielzahl aleatorischer Sektionen ableiten. Eine Konstellation unabhängiger und in sich geschlossener musikalischer Fragmente strukturiert die Orchesterpartitur: es ist der Dirigent, der die »Form schließen«, eine Aufführungsreihenfolge bestimmen soll, indem er – ganz nach seinem Ermessen – mal hier einzelne Instrumente und mal dort ganze Register spielen lässt. Wie im ersten Teil des Klavierkonzerts steht auch im Violinkonzert das Soloinstrument im Kontrast zur Orchestermasse. Aber während das Klavier im Werk von 1959 fast wie ein Störelement wirkt, ist es hier vielmehr das Orchester, das den melodischen Fluss der Violine unterbricht: über die gesamte Dauer des Konzertes entfaltet sich ihre Stimme wie eine lange Kadenz, wie ein rhapsodischer Fluss ohne jegliche Unterbrechung. Die Dialektik zwischen Violine und Orchester (dessen Interventionen mit bedeutungsvollen Anweisungen hervorgehoben werden, wie »das Orchester unterbricht«, »das Orchester unterbricht brutal«, »unwiderruflicher Einsatz des Orchesters«) etabliert eine innere Dramaturgie, den Kontrast zwischen »dem Künstler« (die Violine) und »der Gesellschaft« (das Orchester) – wie im Hyperion. Den Klängen wohne das »Problem des Menschen« inne, so Maderna, »der die Kollektivität sucht, ohne sich dabei der Tatsache bewusst zu sein, dass es ohne das Modell einer Individualität auch keine Kollektivität geben kann«.

Benedetta Zucconi – Angela Ida De Benedictis
Übersetzung aus dem Italienischen: Theresa Beyer

Programm:

[01] Concerto per violino e orchestra (1969) 26:53

[02] Concerto per pianoforte e orchestra (1959) 19:34

total time: 46:29

Thomas Zehetmair violin
Markus Bellheim piano

hr-Sinfonieorchester/Frankfurt Radio Symphony Orchestra
Arturo Tamayo
 conductor

Pressestimmen:


6/2015

Bruno Maderna: Complete Works for Orchestra Vol. 1–5

Magische Momente sind etwas Kostbares in der Musik. Sie lassen sich nicht erzwingen. Umso erstaunlicher ist es, mit welch traumwandlerischer Sicherheit es Bruno Maderna in seinen späten Werken gelingt, solche magischen Momente entstehen zu lassen. Etwa bei der Hälfte des Stückes Ausstrahlung erklingt eine Kinderstimme von Tonband, die immer wieder die Wörter «so wunderbar» wiederholt. Die Sopranistin greift die Phrase auf, und innert weniger Takte lässt dieses «wunderbar» die Musik selbst stillstehen und über sich selbst staunen. Oder die schicksalhaften Blechbläserpassagen in Aura, die keinen Widerspruch zu dulden scheinen und dem Hörer den Defaitismus mit zynischem Zorn ins Gesicht speien. Oder wenn sich unerwartet. gegen Ende von Giardino religioso, ein Duo zwischen der Trommel und dem Klavier entspinnt, durch das die Musik sich plötzlich zu befreien scheint aus dem «frommen Garten» und sich einmal ganz urwüchsig und unbefriedet zeigt. Überhaupt muss man die vielen episodischen Duette im Orchester hervorheben: die Mandoline und die Harfe, die Kontrabässe und die Posaune. Und dann sind da noch diese Schlüsse, bei denen einem der Atem zu stocken scheint: Das Violinkonzert tröpfelt ganz unvermittelt mit einem Solo, mit ganz unspektakulären Spiccati im mittleren Register aus; und das Ende von Quadrivium ist in seiner Traurigkeit kaum zu überbieten, wenn die hohen Streicher auf ihre Figuren kein Echo und keinen Widerhall mehr im Orchester finden. Das erinnert. nicht von ungefähr, an die Sinfonien Gustav Mahlers. Schliesslich hat Maderna Mahler ja nicht nur oft als wichtiges Vorbild genannt, er hat seine eigene Musik auch mit jenem Prädikat versehen, mit dem man Mahlers Sinfonien lange meinte, diskreditieren zu können: «Kapellmeistermusik».

Hört man sich heute durch die 25 Jahre Orchestermusik, die Maderna hinterlassen hat. so muss man sich allerdings fragen, ob das Musikleben aus dem «Fall Mahler» nichts gelernt hat. Denn auch im Falle Maderna ist es bis dato versäumt worden, das Œuvre aufzuarbeiten und in seiner musikhistorischen Bedeutung angemessen zu würdigen. Vor allem von den Orchesterwerken lagen nur wenige bis keine Aufnahmen vor, und vieles dann auch nur in mässigen Produktionen von eher dokumentarischem Wert. Dass sie zwischen 2009 und 2013 das gesamte Orchesterwerk Madernas eingespielt und auf fünf CDs veröffentlicht haben, ist also schon einmal als Verdienst des hr-Sinfonieorchesters, des Dirigenten Arturo Tamayo und des Labels NEOS zu verbuchen. (Nur die drei Oboenkonzerte hat man ausgespart, wohl auch, weil sie bereits in guten Einspielungen, etwa mit Heinz Holliger und Gary Bertini, vorliegen.)

Hört man sich durch die 25 Jahre Orchestermusik, die Maderna hinterlassen hat, dann zieht auch ein Vierteljahrhundert Musikgeschichte an einem vorüber, von den noch neoklassizistisch ausgerichteten Werken der vierziger, den seriellen Experimenten der fünfziger, den dramatisch-theatralischen Exkursen der sechziger bis zu den gross und offen konzipierten Werken der siebziger Jahre. Man wird an die Zusammenarbeit mit dem Pianisten David Tudor, dem Flötisten Severino Gazzelloni und dem Oboisten Lothar Faber erinnert, die viele dieser Werke, vom Klavierkonzert bis zur Grande Aulodia, prägten. Man wird auch daran erinnert, wie verstockt und verbohrt man einst über die Zukunft der Musik sprach und wie ausgleichend Maderna in den ideologischen Grabenkämpfen der Ästhetiken wirkte. Angesichts seiner Leistungen als Dirigent und als Integrationsfigur geriet seine kompositorische Bedeutung oft aus dem Blickfeld. Und vieles wirkte eben auch nicht so, als könne man es mit den grossen Schöpfungen eines Pierre Boulez oder Luigi Nonos vergleichen.

Von der Hand zu weisen ist in der Tat nicht, dass Maderna schnell und manchmal sogar nachlässig komponierte. Vor allem in seinen letzten Lebensjahren, als er derart unter seiner Alkoholsucht litt, dass er seinen Pflichten kaum mehr nachkam, musste viel improvisiert und spontan reagiert werden. Das Ergebnis dieses Arbeitsprozesses aber sind Werke, in denen viele Brüche zutage treten, Werke, die nicht stromlinienförmig oder aus einem Guss erscheinen, sondern in denen sich eine ausgesprochen heterogene Klangwelt auftut. Und eben diese Brüche führen ja auch regelmässig zu den eingangs erwähnten «magischen Momenten» im Werk.

Gleichwohl stellen diese Brüche im Werk nicht nur die Hörer vor Probleme, sondern natürlich auch die Musiker und Produzenten. Wenn das Geigensolo im Violinkonzert um Minute 16 herum vor Zagen fast auseinander bricht, dann muss man festhalten, dass es eben sogar einem Thomas Zehetmair nicht gelingen will, diesen fragilen Moment souverän und selbstbewusst zu gestalten. Auch das Orchester kennt diese Momente; nicht immer wirken die Einspielungen, als hätte man die Werke ins Letzte ausgeprobt. Und wenn man im Studio dann die vielen Wechsel zwischen kleinsten Besetzungen und Orchestertutti innerhalb der Stücke stimmig in ein Stereoklangbild bringen möchte, ist die Verzweiflung greifbar. Diese leichten Mängel in der Produktion stören allerdings nicht, sondern lassen sich als Bruch innerhalb der Maderna’schen Ästhetik hören. Die Ungleichgewichte, die Unwuchten, die Missverhältnisse und Disproportionen sind, vor allem im Spätwerk, Teil seines Personalstils. Auch tragen die Werke seit den späten sechziger Jahren, und das sind immerhin sieben der neunzehn eingespielten Werke, Züge einer offenen Form, die oft spontan vom Dirigenten während der Aufführung montiert wird. Werke, die jedes Mal aufs Neue eingerichtet und erfunden werden müssen. Da kann man also ohnehin nicht von einer Referenz- oder gar einer endgültigen Einspielung sprechen, sondern es bedarf vieler verschiedener Aufnahmen, um den Stücken wirklich habhaft zu werden. Mit diesen fünf CDs haben das hr-Sinfonieorchester und NEOS immerhin einen ersten und wichtigen Schritt in diese Richtung getan.

Björn Gottstein

 

 

 


12/2014

Kritiker-Umfrage 2014
Die 10 besten Aufnahmen des Jahres 2014

Tilman Urbach:
Maderna, Orchestral Works Vol. 5
Schönklang inmitten flirrender Kakophonie – mit dem ausgezeichneten Geiger Thomas Zehetmair

 

Anaclase

Les enfants prodiges continuent de naître au XXe siècle ! Preuve en est Bruno Maderna (1920-1973) qui commence le violon à quatre ans, avec son grand-père, avant de diriger plusieurs formations du Nord de l’Italie, entre douze et quinze ans. Passé la vingtaine, le plus souvent à Venise où il enseignerait un jour lui-même, il perfectionne ce talent avec Antonio Guarnieri (1880-1952), créateur du Belfagor d’Ottorino Respighi [lire notre critique du CD], et surtout Hermann Scherchen (1891-1966), lié aux premières auditions d’œuvres signées Webern, Hindemith, Hába, Hartmann, Dallapiccola ou encore Xenakis. À Maderna, pas moins que son professeur de composition Gian Francesco Malipiero (1882-1973), le Berlinois donne les clés du dodécaphonisme et de la Seconde École de Vienne. Notons que dans un de ses nombreux écrits évoquant l’un ou l’autre, Luigi Nono (1924-1990) rend hommage à leur pédagogie stimulante :

« lorsque je travaillais avec Maderna, il nous donnait à étudier Machaut, Purcell, Schubert, Bellini et Dallapiccola, afin de voir comment les diverses formes de chants se construisaient dans leur diversité culturelle. Scherchen m’a également beaucoup appris en me faisant découvrir les différentes époques du chant, depuis le chant synagogal jusqu’au Sprechgesang,avec toutes les manières d’employer l’appareil phonatoire. Il n’hésitait pas aussi à remonter aux textes espagnols datant du Xe siècle » (Bellini : un Sicilien au carrefour des cultures méditerranéennes, 1987 in Écrits, Éditions Contrechamps, 2007) [lire notre critique de l’ouvrage].

Depuis fin 2009, NEOS s’attache à présenter l’intégrale des œuvres pour orchestre du créateur de Satyricon [lire notre critique du CD et notre chronique du 26 février 2004]. Joué comme les quatre précédents par Arturo Tamayo à la tête du hr-Sinfonieorchester (Hessischer Rundfunk Sinfonieorchester, fondé en 1929), ce cinquième volume regroupe deux concerti conçus à dix ans de distance, rendus par une prise de son exemplaire.

Amorcé en 1958, le Concerto pour piano et orchestre est créé le 2 septembre 1959 sous les doigts de David Tudor, dans le cadre des Internationale Ferienkurse für Neue Musik de Darmstadt (Cours d’été de musique nouvelle). L’orchestre évoqué plus haut est déjà présent, conduit par Maderna lui-même. Depuis sa première tentative pour le genre – on pense aux deux versions du Concerto pour piano de 1942, écrites sous l’influence de Bartók –, le musicien a renoncé à tout lyrisme ; il exploite désormais la nature percussive de l’instrument soliste, à la manière de Cage (cluster, pizzicatoglissando, etc.). La première moitié de l’œuvre permet au clavier de se fondre avec les percussions, avant que ne dominent les cordes et les vents, dans la seconde. C’est le pianiste Markus Bellheim qui tient ici le rôle de « chahuteur », dans l’héritage de Webern.

Dix ans plus tard, le Concerto pour violon et orchestre voit le jour à Venise, le 12 septembre 1969. Il témoigne du récent travail sur bande magnétique de Maderna, évident par le recours au matériau préexistant – citation partielle d’AmandaStele per Diotima (1966), Entropia III (1969) ou même complète de Widmung (pièce de 1967, alors encore inconnue et qui serait créée telle quelle à titre posthume) –, mais aussi par l’usage de techniques aléatoires – « comme une constellation de fragments musicaux autosuffisants et indépendants : c’est au chef de “clore la forme”, de déterminer un ordre d’exécution […] » (dixit la notice du CD). Le violon de Thomas Zehetmair voit son flux rhapsodique perturbé sans cesse par l’orchestre, comme une autre façon, pour l’auteur d’Hyperion (1964) [lire notre chronique du 22 février 2007], d’illustrer la lutte de l’artiste avec une société aliénante.


03.2014

 

05.2014


02.05.2014

Magischer Maderna

Mit dem Volume 5 der beim Label Neos erscheinenden sämtlichen Orchesterwerken von Bruno Maderna (1920- 1973) steht die verdienstvolle Reihe kurz vor ihrer Vollendung (die abschließende CD mit den Oboenkonzerten erscheint in Kürze). Die vorliegende Aufnahme präsentiert zwei der wichtigsten Konzerte des Italieners: Zunächst das für Violine (1969) und dann das für Klavier und Orchester (1959). Der Dirigent Arturo Tamayo, unter dessen Obhut die ganze Reihe steht, leitet auch hier wieder das hr-Sinfonieorchester/Frankfurt Radio Sinfonieorchester – und wie! Unterstützt wird er von den Solisten Thomas Zehetmair (Violine) und Markus Bellheim (Klavier), die ihre Sache besser nicht machen könnten. Das Violinkonzert entpuppt sich in Zehetmairs grandioser Lesart als einer der schönsten Gattungsbeiträge des 20. Jahrhunderts, aber auch das vermeintlich kompromisslose Klavierkonzert verwandelt sich unter den Fingern des Pianisten in ein rätselhaftes Werk voller magischer Momente. Man kann die Maderna-Reihe nicht hoch genug bewerten.

Burkhard Schäfer

3/2014
komplette Rezension

[…] Zehetmair interpretiert nicht bloß unglaublich differenziert, sondern spielt geradezu „sprechend“: Er flüstert, tuschelt, klagt, singt, verschweigt, gesteht ein, bestätigt oder referiert. Und zudem gibt er der Musik […] durch seine spielerische Präsenz eine durchaus  zwingende Kontinuität. Bellheim wiederum mildert die Zufälligkeit des jeweils erklingenden Schallereignisses durch die klangliche Substanz, die er den –  selbstverständlich auch
präparierten – Klaviertönen gibt. […]Mit solchen Einspielungen sollte es vielleicht gelingen, der seriellen und postseriellen Musik wieder etwas Aufmerksamkeit zu verschaffen, ohne gleich an die Möglichkeit einer Wiederbelebung ihrer musikalischen Denkformen zu glauben.

Giselher Schubert

 

03.2014

In der von NEOS betreuten Gesamtausgabe der Orchesterwerke von Bruno Maderna sind als Folge 5 nun zwei Konzerte für Violine und für Klavier erschienen. Der Komponist und Dirigent, der als Geiger ein Wunderkind war und in Darmstadt vor allem als selbstloser Interpret der Werke Anderer wirkte, zeigt sich in den 1959 und 1969 entstandenen Werken als hochsensibler Musiker. Bei aller formalen Komplexität hat der konkrete Klang stets Vorrang vor dürren Konzepten. Thomas Zehetmair und Markus Bellheim sind die kompetenten Interpreten in den Aufnahmen mit dem Rundfunkorchester Frankfurt unter Arturo Tamayo.

 

03/2014

www.theguardian.com

If there was any doubt about when Bruno Maderna’s Piano Concerto was composed, just a few minutes of the opening fix it in time quite precisely. The way in which every part of the piano is used as a sound resource, with plucked and prepared notes alongside conventionally sounding ones, places it firmly in the 1950s, when European composers were coming to terms with John Cage’s experiments across the Atlantic. The orchestral writing is spare and terse, but typically for Maderna, every sound seems beautifully imagined, and the structure – two movements, each centred on a solo cadenza – is elegantly clear. A more accommodating side of Maderna emerges in the Violin Concerto, composed a decade later in 1969, with its sensuous textures, more lyrical solo writing and its patchwork of self-quotations – one of the two cadenzas recycles an earlier piece for solo violin. Like their predecessors in Neos’s Maderna series, the performances, with Markus Bellheim and Thomas Zehetmair as the soloists, are exemplary.

Andrew Clements

 

01/2014

[…] Wenn das Orchester dann plötzlich abbricht und nach einer Generalpause Thomas Zehetmaier mit einer weit ausgreifenden Kadenz einsetzt, kann man einen ungemein differenzierenden Zugang zu dieser Komposition erleben. […]

[…] Diese nunmehr fünfte Produktion au sder Reihe mit Madernas Orchesterwerken [markiert] einen wichtigen diskografischen Höhepunkt.

Stefan Drees

Musik: 
Technik: 
Booklet: 

 


02/2014

Radikal

Es dauert gute drei Minuten, bevor die Violine erklingt, und dann ist es nichts als ein heiseres Kratzen, bis sich das Instrument voll und ganz auf seinen Schönklang besinnt und in den oberen Lagen schwelgt. Vorzüglich führt Thomas Zehetmair seine Geige ein. […]

Musik als Spur, als vereinzelt hochgespülte, im Zeitstrom des Stückes auftauchende Erscheinung: punktuell, flüchtig. Trotzdem wirkt hier nichts gefühlig oder poetisch. Im Gegenteil: Markus Bellheim muss sein Instrument ordentlich traktieren und tut es mit Virtuosität und Verve.

Tilman Urbach

Musik: 
Klang: 

 


24.12.2013

Konzertante Raritäten

Alles wie gehabt: Auch der fünfte Teil der “Complete Works for Orchestra” von Bruno Maderna glänzt durch außergewöhnliche interpretatorische Qualitäten.

Mit dem fünften Teil seiner SACD-Reihe zu Bruno Madernas Werken für Orchester hat das Label NEOS, diesmal auf das konzertante Schaffen des italienischen Komponisten fokussierend, erneut einen Volltreffer gelandet. Bereits der ungewöhnliche Beginn des ‘Concerto per violino e orchestra’ (1969) lässt dies erahnen: Harsche Klänge und polyphon ineinander verschachtelte Melodielinien bestimmen das Klangbild; chorisch nach einzelnen Instrumentenfamilien organisiert überlagern sich die Aktionen der Klangerzeuger zu einem vielschichtigen Satzbild, das sich immer weiter verdichtet und von zahlreichen Fragmenten aus Madernas vorangegangenen, während der 1960er Jahre entstandenen Orchesterwerken der 1960er Jahre durchzogen ist. Hiervon ausgehend formt der Dirigent Arturo Tamayo – wie auf den bisherigen Platten von einem glänzend disponierten HR-Sinfonieorchester und einer brillanten Tontechnik unterstützt – die ersten dreieinhalb Minuten zu einem plastischen, sich aufgrund der jeweils in den Vordergrund drängenden Schichten ständig verändernden Gebilde.

Wenn das Orchester dann plötzlich abbricht und nach einer Generalpause Thomas Zehetmair mit einer weit ausgreifenden Kadenz einsetzt, kann man einen ungemein differenzierten Zugang zu dieser Komposition bewundern: Wie der Geiger gleich den ersten Klang aufraut und crescendieren lässt, wie er daran anknüpfend die musikalischen Gedanken und Figurationen weiter ausspinnt, den Tonraum durch schrittweise Erschließung der Registerlagen erweitert und seinen diffizilen Part bis in die feinsten Verästelungen hinein minutiös gestaltet, lässt sich kaum besser vorstellen. Extrem selten aufgeführt und den Solisten mit hohen Anforderungen konfrontierend, gehört Madernas Violinkonzert völlig zu Unrecht zu den großen unbekannten Werken der jüngeren Musikgeschichte. Tatsächlich weist das einsätzig konzipierte Stück jenseits des immer wieder inszenierten Aufeinanderpralls von solistischem Individuum und klanglich raffiniert gegliederter Orchestermasse viele ungewöhnliche Details auf. Im Zusammenwirken der Interpreten wird es hier zu einer Art imaginärem Theater geformt, in dem der melodische Fluss des solistischen Hauptdarstellers immer wieder vehement durch musikalische Interventionen des Orchester unterbrochen oder sein Spiel sich mit dem Vortrag einzelner Orchestermusiker zu einem kammermusikalisch disponierten Klangstrang voller irisierender Momente verwoben wird.

Ganz anders, aber bezüglich der musikalischen Umsetzung nicht weniger fesselnd ist das kürzere ‘Concerto per pianoforte e orchestra’ (1959): Aufgrund einer noch weitaus stärker in den Vordergrund tretenden rhapsodischen Haltung weist es zwar gewisse Berührungspunkte mit dem zehn Jahre jüngeren Violinkonzert auf, doch ist die musikalische Ausstrahlung eine andere. Markus Bellheim reizt bei seinem sensiblen Vortrag die klangliche Möglichkeiten des Flügels vom Ertasten melodischer Linien bis hin zu den perkussiven Wirkungen von Klavierrahmen oder -innenraum bis ins Letzte aus und lässt dabei wie Zehetmair eine Aufladung der Musik durch theatrale Elemente spüren. Nicht nur hierdurch, sondern auch durch Tamayos klaren, pointierten und stellenweise sogar überraschend heiteren Zugang zu der voller aleatorischer Anweisungen steckenden Partitur entfaltet das Werk eine außergewöhnliche Spannung, die selbst dort nicht abreißt, wo die musikalische Aktion auf das Minimum reduziert ist. Trotz einer Spieldauer von nur knapp 50 Minuten bietet diese Produktion damit einen neuen diskografischen Höhepunkt der Maderna-Reihe.

Interpretation: 
Klangqualität: 
Repertoirewert: 
Booklet: 

Dr. Stefan Drees

www.magazin.klassik.com

 

10/2013, Sémele Número 1

Arturo Tamayo prosigue infatigable su recorrido discográfico, siempre de la mano del sello bávaro Neos, por la obra para o con orquesta de Bruno Maderna, con este quinto volumen dedicado a sus Conciertos para violín y para piano. Cuenta para ello, además de con las sólidas prestaciones de la Orquesta de la Radio de Frankfurt y la Hr-Sinfonieorchester, con dos solistas de excepción: el violinista Thomas Zehetmair y el pianista Markus Bellheim. Como siempre, el patronazgo de la Fundación BBVA ha sido esencial para la consecución de esta importantísima integral discográfica.
El Concierto para piano y orquesta fue compuesto por Maderna entre 1958 y 1959 y estrenado en septiembre de 1959 en el ámbito de los Ferienkurse für Neue Musik de Darmstadt. Es una obra que se inserta en el punto álgido de un rico período creativo del autor, mencionando directamente algunos de los puntos centrales de su poética musical. Diez años, ricos en experiencias fundamentales humanas y artísticas, separan ambos conciertos. El Concierto para violín y orquesta se estrenó en septiembre de 1969 en el Festival de Música Contemporánea de Venecia. En este nuevo trabajo se reconocen muchos elementos característicos del estilo maduro de Maderna, principalmente la influencia de la composición con cinta magnetofónica, evidente en el uso de material preexistente, y de procedimientos aleatorios. En los sonidos, como decía Maderna, subyace “el problema del hombre que trata de integrarse en una sociedad, sin darse cuenta del hecho de que no puede existir una comunidad sin un modelo de la individualidad”.

Auszeichnungen & Erwähnungen:


03.2014

 

The jurors of the “German Record Critics’ Award” association have recognized the NEOS production “Bruno Maderna: Complete Works for Orchestra Vol. 5” NEOS 10937 by including it in its list of the best recordings of the first quarter of 2014.

Die Musik von Bruno Maderna ist nach seinem allzu frühen Tod ein wenig in Vergessenheit geraten. Umso bedeutender die Edition sämtlicher Orchesterwerke Madernas beim Label Neos, deren fünfte Folge das Klavierkonzert von 1959 sowie das Violinkonzert aus dem Jahr 1969 präsentiert. Der Geiger Thomas Zehetmair und der Pianist Markus Bellheim verleihen den subtil-brillanten Solopartien eine irisierende Schönheit und Tiefe, die Partituren leuchten im Klang-Geflecht mit dem Sinfonieorchester des Hessischen Rundfunks unter Leitung von Arturo Tamayo in zahllosen Farben.
(Für die Jury: Michael Stegemann)

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